Es war einmal ein fahrender Händler und Gaukler, der reiste durchs Land, um auf Marktplätzen und Festen seine ganz spezielle Tinktur zu verkaufen. Damit war er äusserst erfolgreich.
Denn der Händler war ein begnadeter Geschichtenerzähler, der seine Zuhörer mit lustigen, tragischen oder besonders phantasievollen Erzählungen zu fesseln verstand. Um das passende Thema für seine Geschichten zu finden, schaute er dem Volk ganz genau aufs Maul und fand so heraus, was sein Publikum bewegt. Wenn er dann wusste, was die Menschen beschäftigte, erfand er eine passende Story, die er mit viel Gefühl und Enthusiasmus vortrug. Natürlich vergass er dabei nicht, die Tinktur, die er verkaufen wollte, in seinen Vortrag einzubauen. Auch wenn diese nicht der Hauptdarsteller in der Geschichte war, so war sie aber immer doch der entscheidende Schlüssel für das unweigerlich folgende Happy End. Und die Erinnerung an diese Geschichte und das wohlige Gefühl, dass am Ende alles gut wird, wollten die Zuhörer natürlich mit nach Hause nehmen. Sie konnten also gar nicht anders, als dem Händler und Gaukler seine Tinktur abzukaufen.
Wenn dieser dann von seinen neidischen Kollegen gefragt wurde, wie es ihm immer wieder gelang, die Menschen für sein Produkt zu begeistern, philosophierte er über die Kunst, spannende Geschichten zu erfinden. Denn genau das war es, was er hervorragend beherrschte. Und indem er seinen Kollegen von seinen Erfahrungen erzählte, verdiente er sich so manchen Batzen zusätzlich. Denn guter Rat war schon damals teuer.
Menschen wie dieser phantasievolle und schauspielerisch begabte Verkäufer arbeiten heute im Content-Marketing. Auch sie erzählen genau die Geschichten, die die Menschen hören wollen. Sie schaffen damit Nähe und verkaufen am Ende auf diese Weise auch ihre Produkte. Das Pferd und der Wagen, mit denen der fahrende Händler durchs Land zog, um seine Kunden zu erreichen, haben jedoch ausgedient. An ihre Stelle ist im digitalen Zeitalter das Internet getreten. Die Marktplätze und Volksfeste der modernen Marketender sind soziale Medien, Blogs und Online-Shops. In dieser Umgebung müssen die Werber das uralte Erfolgsrezept intelligent adaptieren. Es gilt also, die Vielfalt der zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten zu erkennen und effektiv zu nutzen. Auf diese Weise wird aus dem guten alten Geschichtenerzählen das Digital Storytelling. Ohne dies kommt heute kein innovatives Content-Marketing-Konzept mehr aus.
Trotz der mit der Technik verbundenen Chancen, baut jedoch auch das moderne Storytelling auf den gleichen Prinzipien auf wie die Geschichte des fahrenden Händlers.
Beim Erzählen ihrer Stories argumentieren die heutigen Werber nach wie vor überwiegend auf einer emotionalen Ebene. Zahlen, Daten und Fakten sind da eher hinderlich. Sie stören den Flow und sind in der Regel auch schnell wieder vergessen.
Beim Verkaufen geht es seit jeher in erster Linie darum, Träume zu produzieren und die auf diese Weise kreierten Wünsche zu erfüllen. Dazu ist es zunächst einmal notwendig, Vertrauen zu schaffen. Dieses kann jedoch nur entstehen, wenn es gelingt, eine persönliche Beziehung zu den potenziellen Kunden aufzubauen. Vertrauen ist ein Gefühl. Fakten spielen dabei eine eher untergeordnete Rolle. Nach wie vor geht es darum, die für die Zielgruppe relevanten Botschaften immer wieder so geschickt zu verpacken, dass daraus am Ende das für einen Verkauf notwendige Vertrauen entsteht.
Botschaften, die in eine spannende Geschichte verpackt wurden, sind heute ebenso effektiv wie damals. Sie sind nicht nur unterhaltsamer, sie bleiben auch deutlich länger im Gedächtnis haften als trocken dargebotene Informationen, die allein auf intellektueller Ebene kommuniziert werden. Ohne Emotionen geht bei der Vertrauensbildung und damit auch im Verkauf gar nichts.
Um eine gute Geschichte erzählen zu können, ist es von entscheidender Bedeutung zu wissen, was die Zuhörer bewegt und beschäftigt. Nur wenn das Thema für die Rezipienten interessant ist, wird sich die angesteuerte Zielgruppe auch darauf einlassen. So wie der fahrende Händler seinem Publikum aufs Maul geschaut hat, so analysieren seine modernen Nachfolger die Trends und Diskussionen in Foren und sozialen Netzwerken. Sie schauen sich an, welche Verhaltensweisen die Nutzer an den Tag legen und entwickeln aus diesen Erkenntnissen eine passende Strategie. Sie schreiben Geschichten, die die Menschen bewegen und emotional abholen.
Aber auch die beste Geschichte wird kein Bestseller, wenn die Leser nicht wissen, dass es sie gibt. Die professionelle Verbreitung auf möglichst vielen Kanälen ist deshalb ebenfalls von entscheidender Bedeutung für den Erfolg einer Marketingkampagne. Die grossen sozialen Netzwerke wie Facebook, Twitter, Instagram und Co. eignen sich dazu ebenso wie spezielle Foren und relevante Fachseiten. Ziel ist es natürlich, möglichst viele Menschen dazu zu bringen, die Geschichte zu teilen, zu liken, zu kommentieren oder auf andere Art zu supporten. Gelingt dies, geht die gute alte Mund-zu Mund-Propaganda viral. Als besonders erfolgreich haben sich Strategien erwiesen, die das Publikum einbinden. Wenn die Zuschauer dazu animiert werden können, auf die virtuelle Bühne zu steigen und ihren Auftritt dazu zu nutzen, das Publikum für ein Produkt zu begeistern, ist schon eine wesentliche Hürde genommen. Durch das aktive Einbinden der Zielgruppe in die Verbreitungs-prozesse der Geschichte wächst das Vertrauen in die Marke und das Produkt sowie auch die Bereitschaft, es zu kaufen.
Populäre Geschichten sind immer auch gute Unterhaltung. Deshalb müssen sie nicht nur professionell entwickelt, sondern ebenso professionell präsentiert werden. Sie einfach nur niederzuschreiben, um dann im stillen Kämmerchen von potenziellen Interessenten gelesen zu werden, ist heute vielfach nicht mehr ausreichend. Glücklicherweise stehen auch zur Erfüllung dieser Aufgabe vielfältige technische Möglichkeiten zur Verfügung.
Digital Storytelling ist nicht auf das geschriebene Wort beschränkt. Eine gute Geschichte entfaltet noch mehr Wirkung, wenn sie von ausdrucksstarken Bildern begleitet wird. Fotos und Videos eignen sich zur visuellen Unterstützung einer Story ebenso gut wie interaktive Graphiken. Darüber hinaus sind natürlich auch Podcasts ein geeignetes Mittel, eine Geschichte unters Volk zu bringen. Statt auf dem Marktplatz wird dem Geschichtenerzähler eben auf digitalen Kanälen gelauscht.
Digital Storytelling ist die konsequente Weiterentwicklung eines uralten Instruments zur Verkaufsförderung. Menschen mit guten Geschichten zu unterhalten, sie in einen Verkaufsprozess aktiv einzubinden und so Vertrauen zu schaffen, gehört seit jeher zu den effektivsten Mitteln, den Absatz anzukurbeln. Innovative Technologien bieten heute vielfältige Möglichkeiten, dieses bewährte Konzept auf zeitgemässe Art und Weise umzusetzen. Nach wie vor geht es jedoch darum, potenzielle Kunden auf einer emotionalen Ebene abzuholen, Vertrauen aufzubauen und ihnen das Gefühl zu geben, dass die Geschichte, die gerade erzählt wird, auch Teil ihres Lebens sein könnte.
Wer auf den modernen Marktplätzen im Internet erfolgreich sein will, der muss auch in unseren Tagen immer noch etwas lauter trommeln als die anderen oder aber die Chance nutzen, sich mit einer spannenden und aussergewöhnlichen Story von der Masse abzuheben. Immer neue Geschichten zu erfinden, die das Publikum in den Bann ziehen, bleibt deshalb einer der charmantesten Wege, die Menschen für die eigenen Produkte zu begeistern.